Die Künstler der Zwischenkriegszeit finden im Kunsthandel, in der
Kunstgeschichtsforschung und schreibung zunehmend mehr Beachtung; in
ihren Werken wird eine Situation wach, welche durch die
gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Ereignisse, dem Kampf
um die Lebensexistenz verbunden, interessante Motive und vielschichtige
Aspekte liefert. In der Rückschau wird jenes, in allen extremen
Bereichen intensive Lebensgefühl in positiver und negativer Sicht
augenscheinlich. Die Krisensituation brachte dem Künstler - abgesehen
von der materiellen Not - stets ein gesteigertes Bedürfnis der
unmittelbaren, ungehinderten Selbstäußerung. Dieses Bedürfnis zu
illustrieren, zu kritisieren, in gesellschaftspolitischer Weise
anzuklagen war vor allem den deutschen Expressionisten eigen, wenn man
diesen in Wirklichkeit doch differenzierteren Komplex so
verallgemeinernd ansprechen möchte. Jene künstlerischen Kräfte in
Deutschland waren die entscheidenden Faktoren für eine Lebenssicht,
welche sich unbarmherzig in Aggressionen niederschlug, in einem
Auflehnen gegen die tristen dekadenten Verhältnisse, in einer Anklage
gegen die Ausrottung des Menschlichen. Waren in der ersten Phase des
deutschen Expressionismus noch Themen gültig, die sich um rein formale
Belange in der Komposition und im Kolorit gruppierten, wird nach dem
Ersten Weltkrieg die Szenerie der Bildthematik stark in jenen
sozialkritischen Be- reich gedrängt. Nur wenige dieser Aggressoren wie
Max Beckmann, George Grosz oder Otto Dix manifestieren jene Situation in
offener unbarmherziger Art. Ihnen allen ging es um die menschliche
Existenz, um das Verhältnis des Einzelnen zur Gruppe, zur sozial
gleichen oder davon differenzierten Schicht. Mit diesem Künstlerkreis
ist der geistige und stilistische Rahmen für einen Maler gesetzt, von
dessen Existenz man hierzulande erst vor etwa zwei Jahren erfuhr:
Christian Hess.
Jetzt wird das Werk von Christian Hess in einer Wanderausstellung des
Goethe-Institutes Palermo in Zusammenarbeit des Tiroler Landesmuseums
und des Italienischen Kulturinstitutes Innsbruck vom 15. September bis
31. Oktober 1976 im Ferdinandeum mit 60 Arbeiten der Malerei und Grafik
präsentiert. Die Schau war seit 1974 in Palermo, Rom, Padua. Genua,
Triest, Bozen, Mailand, Florenz und Turin zu sehen und wird im Anschluß
an Innsbruck in München, Zürich und Wien gezeigt. Die Unterlagen zum
Leben und Werk Christian Hess' sind rar. Im Verzeichnis "Tiroler
Künstler" von 1927 (im Tiroler Landesmuseum) scheint Hess nicht auf.
Domenico M. Ardizzone hat im Katalog von Palermo (1974) die biografische
Dokumentation erstellt, worauf hier stets Bezug genommen wird und werden
muß. Beiträge von Marcello Venturoli, Hans Eckstein und Nuccio
Cinquegrani erläutern die Entwicklung der künstlerischen Aussage des
Malers und Grafikers Hess. Erstmals wird hier nun der Versuch
unternommen, seine künstlerische Position im Rahmen des Expressionismus
zu analysieren und die entscheidenden Bezugspunkte anzusprechen.
Als Tiroler in Bozen 1895 geboren und in Schwaz, nach einem
Bombenangriff in lnnsbruck, 1944 gestorben, hat Hess nur wenig mit Tirol
gemeinsam. Allein seine Aufenthalte in der Heimat, die zu den Stationen
in seinem unsteten Wanderleben zählen, machen ihn hier heimisch.
Künstlerisch gesehen pendelt er zwischen Beckmann und Hofer, zwischen
Cezanne, Dufy und Marquet, nimmt aber auch durch seine langjährigen Auf-
enthalte in Italien, vornehmlich in Sizilien, wo sich heute sein Nachlaß
befindet, jene dort allgemein gültigen Formulierungen dieser südlichen
Landschaft auf. Durch seine Studien in München war er frühzeitig mit den
deutschen Expressionisten konfrontiert, bis er endgültig 1928 in deren
Einflußbereich durch die Bekanntschaft und Freundschaft mit Max Beckmann
und Carl Hofer gelangte.
Christian Hess' Gemälde und Grafiken sind In Ihrer depressiven Stimmung
von einem gewissen damals wohl allgemeingültigen Lebenspessimismus
getragen, der die lsolierung des Einzelmenschen in seiner Umgebung
charakterisiert. Seine Stilleben, seine Architekturbilder, auch seine
Menschengruppen werden zu einer natura morta. Im Kolorit wächst Hess von
nuancierten impressionistischen Akzenten hinüber zu den gerade durch
Beckmann geprägten Linienstrukturen mit breiter Malweise und klaren
Farben, oft dunkel oder schwarz in der Kontur. Formal tendiert die
frühe, um 1922 sich manifestierende lyrische, aber doch in der
Direktheit des Motivs an Beckmann anlehnende Gestaltungsart zu einem
Stil des harten Plastisch-Voluminösen. Sein Werk gewinnt um 1924/25
expressive Malschraffuren etwa im Sinne Kokoschkas, zeichnet die Objekte
um 1927/29 immer global-plastischer und nähert sich jener so
überragenden Figuralmalerei Max Beckmanns, in der das Eingespanntsein
des Menschen in den Umraum, des Objektes in die Dreidimensionalität
stets präsent ist. Ansätze zur "Deformation" (Doppelsicht) des Antlitzes
im Sinne Picassos werden über Vermittlung von Carl Hofer aktuell, helle,
koloristische Details erinnern an Dufy, kubistische Collageelemente
eines Braque oder Gris werden in den Stilleben um 1935/38 angesprochen,
die klaren Farbwerte in den Aquarellen scheinen von Dufy und Marquet
übernommen zu sein, sein Zeichenduktus erinnert in der knappen, auf die
Linie konzentrierten Schreibweise an Matisse. Seine Triptychen sind in
der formalen Konzeption von jenen Beckmanns oder Dix' angeregt, lassen
die Möglichkeit einer breiten sich ergänzenden Schilderung zu. Seine
figuralen Gruppenbildwerke erinnern an Léger, seine in schlichter
klassischer Ruhe geprägten Porträts an die neoklassizistische Phase bei
Picasso. Immer aber bleibt der Drang zum Expressiven vorrangig, und in
diesen weitgespannten und differenzierten Komplex des Expressionismus
muß Christian Hess stilistisch eingereiht werden.
Eine detaillierte Analyse seines Werkes verdeutlicht charakteristische
Elemente all dieser hier angesprochenen Maler; dies mag im ersten Moment
von einer relativ starken künstlerischen Unselbständigkeit des Malers
Zeugnis geben. Im Gegenteil: Hier wird jenes Phänomen evident, dem sich
damals keiner der künstlerischen Gestalter entziehen konnte. Die
intensiven Informationsmöglichkeiten, die gegenseitigen kulturellen
Wechselbeziehungen über die politischen und geographischen Grenzen
hinweg gaben für jeden sich in den Zwanzigerjahren schulenden und
bildenden Künstler Ansatzpunkte und Gemeinsamkeiten, welche dann jene
Zelt - von der heutigen Perspektive betrachtet - als so geschlossen und
für die weitere Entwicklung so fundamental geprägt erscheinen läßt. Die
Fixierung dieser Ansatzpunkte waren für Christian Hess maßgebend. In
München hatte er sich 1929 der Bewegung der Juryfreien angeschlossen, in
deren Galerie in der Prinzregentenstraße auch Maler wie Picasso, Arp,
Max Ernst oder Kurt Schwitters präsentiert wurden. Seit 1928 sah er sich
zweifellos am deutlichsten mit den Deutschen Beckmann und Hofer
verbunden, brachte aber doch nicht jene von Beckmann so extrem
aggressiven Motive hervor, sondern formulierte, durch seinen sensiblen,
selbstkritischen Geist bedingt, seine eigene zurückhaltende Sprache.
Seine Kunst ging thematisch-inhaltlich mehr in die stille Schilderung,
es gibt bei ihm keine Überraschun- gen, keine lauten Effekte, keine
vital aufbrechenden Anklagen. Seine beklemmendstechenden, oft auch
teilnahmslosen Gesichter sind introvertiert sprachlos.
Für Beckmann ist das Dasein ein Mysterium; In diesem Existenzbewußtsein
liegt seine Passion: "Das Unsichtbare sichtbar zu machen durch die
Wirklichkeit." In seiner Gründlichkeit geht Beckmann bis zur tiefsten
Form der Realität. Nichts ist sentimental, nichts geht von der
räumlichen Plastizität der Objekte, der Tiefe des Bildes verloren. Die
von Hess 1928 gemalten Bilder, wie das schwer konstruktiv gestaltete "Bracciano",
die "Liegenden", oder die "Frau M. N. mit ihren beiden Kindern",
letztere in München entstanden, oder das Bildnis "Konzertprobe II", das
in seiner Reduktion auf klare Umrißlinien und in der aufgeklappten
Hintergrundgestaltung den markantesten Bezug zu Max Beckmann aufweist,
stehen trotz der modulierten Malweise innerhalb der festen,
plastisch-voluminös gestalteten Körper- oder Objekt flächen, von
Strenger konstruktiver Kontur In Schwarz oder Braun umrissen, in der
Folge jener Begegnung mit Max Beckmann. Wie weich und - man möchte fast
sagen - lyrisch ist hingegen der "Balkon in Sicilien“ (1928), dessen
Motiv merklich eine gegenüber München veränderte Gesinnung und
Lebenseinstellung deutlich macht. Demgegenüber erweist sich die
Eigenständigkeit von Christian Hess In seinen vielschichtigen
Farbmodulationen, die in den Gemälden aus dem Jahre 1932 "Vor dem
Spiegel", "Zwei Modelle" oder dem farblich großartig abgestimmten Motive
der "Drei Modelle" Anschluß an Carl Hofer finden. Hier spiegelt sich
eine reiche Melodie von Farbtonwerken, deren Lichtinhalte von ungeheurer
effektvoller Wirkung bestimmt sind. In der Phase "Beckmann" sah er sich
vielleicht auch an seine Lehre der Tiroler Glasmalereianstalt in
Innsbruck und in der Keramikwerkstätte Kuntner in Bruneck 1912 erinnert,
wo die grafische Struktur in der Umriß- und Binnenzeichnung die
bildtragenden Kompositionselemente waren; dieses grafische Moment
spielte auch seit seinen künstlerischen Anfängen in der
Staatsgewerbeschule in Innsbruck (1908), wo er Holzschnitte,
Linolschnitte und Radierungen für Exlibris anfertigte, eine den Aufbau
des Motivs bestimmende Rolle. Bilder dieser Techniken waren in seiner
ersten Ausstellung 1915 in der Galerie im Taxishof in Innsbruck gezeigt.
Bereits während des Ersten Weltkrieges, den er zum Großteil an der Front
in Flandern verbrachte, sah er sich in den dortigen Museen mit den
Strömungen der zeitgenössischen Malerei aus Frankreich, Belgien und den
Niederlanden konfrontiert. Der Auseinandersetzung mit den neuen
aktuellen Tendenzen stand er auch während seiner Münchner Akademiezeit
(bei Prof. C. Becker-Gundhal) von 1919 - 1924 offen gegenüber. Noch
waren in München die Nachwirkungen der zu Beginn des Ersten Weltkrieges
sich auflösenden Gruppe "Der Blaue Reiter" spürbar; München war eine
zentrale Informationsquelle, auch über die Brücke-Maler und die
französischen Fauves. Hier fand Hess genügend Ansatzpunkte, fand so auch
in den 1920 entstandenen Reliefs, die 1926 in der Ausstellung "Junge
Münchner" erstmals zu sehen waren, Anklänge an die Formensprache
Maillols. Dufy, Marquet oder Friesz scheinen bevorzugt in seiner
Landschaftssicht in der intensiv koloristischen Stimmung gebildet; sein
Verhältnis zur Natur war überhaupt, auch in den späteren Motiven, stets
von einer atmosphärischen Impression bestimmt.
1921 konnte Hess in der Münchner Gemäldegalerie St. Martinus am
Odeonsplatz in der Kollektivausstellung "Junge Münchner" zusammen mit
Bosch, Hartmann, Kühnel, Liebhardt, Nickl, Siegler, Therhorst und den
Plastikern Dietz und Miller seine Werke präsentieren. Im gleichen Jahr
reiste er auf Grund eines Stipendiums nach Göteborg, Malmö und
Stockholm, 1922 entstand dort das Porträt der "Baronesse mit Schleier",
welches bereits die knappe Darstellung des Objektes in einem nur
angedeuteten Raum widerspiegelt, dessen raffiniert und brillant gemalte
Farbkomposition von vornehm-blassem inkarnat, schwarz-grauem Kleid und
rötlichem Haar sein koloristisches Gefühl demonstriert, aber auch in der
Modellierung des Körpers Beckmannsche räumliche Plastizität vermittelt.
Über Innsbruck, Bozen, Bruneck und Salzburg geht Christian Hess 1922
nach Wien. Dort wurde seine malerische Technik des Farbauftrages durch
Studium und Kopieren nach Tizian, Velasquez und vor allem Veronese
verfeinert (1923). Nach dem Abschluß der Akademie in München kehrte er
1924 wiederum nach Wien zurück und widmete sich vor allem der
Porträtmalerei. 1925 reiste er erstmals über Florenz nach Sizilien, nach
Messina, dem Wohnort seiner Schwester, das ihm zu einer neuen Heimat
(neben München und der Schweiz) werden sollte. In den Landschaftsbildern
etwa dem "Esel unter Kakteen", 1925 in Messina gemalt, oder dem "Widder
unter Kakteen". 1927 in Messina gearbeitet, wird das tiefe Erlebnis
einer neuen Farbigkeit spürbar, einer Farbgebung, die sich zuerst in
tiefen, schweren und satt-leuchtenden, spontan und vehement (wie bei
Kokoschka) gesetzten Pinselstrichen niederschlug. Der "Neptun von
Messina" (1927) erinnert merklich an die Farbwirkung de Chiricos. In den
Aquarellen, etwa den "Frauen in Sizilien" (1927) steigerte sich Hess zu
den lichten, sonnendurchfluteten Farbwerten, konzentrierte sich
zusehends auf reine, ungebrochene, nicht nuancierte Töne, ließ Blau,
Gelb, Grün und Rot pastellartig vorherrschen - den Papierton als
mitbestimmendes Stimmungselement miteingebunden (Cézanne).
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Baronesse mit Schleier 1922 (Göteborg) |
Esel unter Kakteen
1925 (Messina) |
Koncertprobe
II
1928 (München) |
Park mit
rotem Stuhl
1929 (München) |
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Der
Schahspieler, 1931 |
Wahrsager,
1933 (Messina) |
Drei
Modelle, 1932 |
Die Modistin,
1932 |
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Hier in Messina, hier in Sizilien, hatte nun Christian Hess jene fast
lebensbejahende offene Welt gefunden, die er ob seiner sensiblen und
schwermütigen Mentalität als Ausgleich empfand. Seine Beziehungen zu
seiner Heimat Tirol und seiner Wirkungsstätte München verlor er aber in
den folgenden Jahren nie. Aufenthalte folgten in Bozen, Innsbruck und
München, dann in der Schweiz, bevor er wiederum nach Sizilien fuhr. An
der Wanderausstellung "Tiroler Künstler" (1925/26) nahm er entgegen der
Notiz von Ardizzone nicht teil. 1928 folgten Ausstellungen in Berlin,
Braunschweig und im Münchner Glaspalast; für den Industriellen Mayer in
Wismar schuf er große Wandbilder, später lieferte er Entwürfe für
Gobelins. 1928 fand in Frankfurt die für ihn so entscheidende Begegnung
mit Max Beckmann statt, wo dieser an der dortigen Städel-Schule bis 1933
als Lehrer wirkte. In den Jahren 1929 bis 1933 schuf Christian Hess
seine bedeutendsten Werke: das Figurale dominiert, Szenen aus dem
italienischen Leben der Fischer, Matrosen und Diebe, Milieuschilderungen
aus der Welt der Wahrsager, der Badenden am Strand, Porträts und
Landschaften sowie Stilleben bestimmen seine Themen. Hier spielte er nun
seine ganze Farbenpalette aus, anfänglich noch die konturbetonte
Struktur mit hellen Binnenfarben, dann immer mehr durch den
französischen Einfluß von Dufy und Friesz die lautstarken reinen
Tonwerte. Es sind zum Großteil keine sprechenden, erzählenden Bilder,
allein die "Frauen von Messina", ein Aquarell von 1931, oder der
"Wahrsager" (1933) könnten als Genrebilder im weitestgefaßten Begriff so
gewertet werden. Gerade der "Wahrsager" wirkt vielleicht unter den
figuralen Gemälden und Triptychen aus den Jahren um 1933 als
wesentlichstes und zentralstes Werk: hier mischen sich in der
plastischen Zeichnung der Gesichter Beckmannsche Elemente, aber auch
starke Anlehnungen in der Farbgebung, In der fast betonten Negierung des
Raumes (was bei Beckmann unvorstellbar wäre), in der flächenbetonten
Dekorativität der vorderen Brüstung und der ornamentalen Skizzierung der
Fahnen zu Werken von Dufy. Analog zu den Triptychen Beckmanns gestaltete
er vorwiegend derartige Simultanbilder, die zum Teil als Titelmotive für
den Leipziger "Cicerone" und die Münchner "Jugend" herangezogen wurden.
Parallel dazu suchte Hess in der malerischen Aussage auch Kontakt zu
Carl Hofer.
Sein "Schachspieler" (1931) oder die vielen Bilder mit Modellen oder
Akten streben in der Farbigkeit und in der depressiven Motivation jenen
tragischen, einsamen Bildwerken Hofers nach. Auch das Kolorit der etwas
fahlen, von viel schwarz geprägten Palette wirkte sich auf Hess aus.
Freilich kamen diese Motive seinem Charakter entgegen, auch er suchte
den Bezugspunkt Mensch in seiner oft prekären Isolation, auch er
bestimmte das empfindsame Bewußtsein um diese menschliche Existenz. Carl
Hofer, den er 1931 in Rom In der Villa Massimo traf, wurde zu einem
engen Freund. 1930 schuf Hess Wandbilder in Oeynhausen (Westfalen), 1931
Entwürfe für das Lichtspieltheater Breslau (erst später ausgeführt).
Nachdem die Vereinigung der Juryfreien 1933 durch das neue Regime des
Dritten Reiches aufgelöst war, suchte Hess einen Ausweg aus diesem
geistigen Notstand nach einer noch freien Welt, zog sich nach Messina
zurück, heiratete 1934 Cecilia Faesy, kehrte mit ihr in die Schweiz
zurück, konnte aber dort nur bedingt seiner Tätigkeit als freier Maler
nachgehen und mußte sich der Theaterregie und dem Bühnenbild widmen. Das
Titelblatt der Zeitschrift "Jugend" brachte 1931 das Gemälde "Am
Wasser", das als Fortsetzung seiner Bilder "Fischer mit roter Weste"
(München 1929/30), "Matrosen" und "Am Strand" zu verstehen ist, in dem
die lichte Malweise, gestützt von grafischen Strukturen zu den später in
Messina gemalten Bildtafeln führt. Seine Aufenthalte wechseln nun
ständig, 1936/37 in Sizilien, 1938 in der Schweiz in Liestal, wo ihm der
Aufenthalt später von den Schweizer Behörden verweigert wurde, 1939 am
Chiemsee bei seinem Malerfreund Franz Gebhardt, 1940 in München, 1941 in
Axams, Zirl und Innsbruck. Trotz der erschwerten Arbeitsbedingungen
konnte er in diesen Jahren auf Grund von privaten Aufträgen größere
Wandbilder (etwa in Oberwössen in Bayern) gestalten. 1940 wurde Hess zum
Zivildienst, dann zur Post eingezogen, nach schwerer Krankheit im
Schwabinger Krankenhaus wurde er in die Heilanstalt Planegg überstellt
und später entlassen, worauf er nach Tirol zog. Die Produktion der
Seidenfabrik in Krefeld, für die er Stoffmuster (gleich wie Dufy für
französische Manufakturen) entwarf, wurde eingestellt. Damit war die
Basis für eine mehr oder weniger geordnete Existenz verloren.
In
den späten Dreißigerjahren entstanden vermehrt Stilleben, welche nach
kubistischer Konzeption collageartig in der Art von Braque und Gris
gestaltet waren, eine Vereinfachung im Motiv, im Braun und Grün fanden.
In der Reduktion auf kompakten Aufbau gelangte er auch in der Plastik zu
gleichen Ergebnissen. Noch 1939 hatte sich Hess intensiv mit der
Skulptur beschäftigt. Bis in diese späte Entwicklungsphase der
Bildmodellierung blieb er dem in der Körperbewegung sparsamen
Formenkanon Maillols treu.
Aus den letzten Lebensjahren sind keine Gemälde und Grafiken bekannt.
Sein Lebenswerk hatte er bereits - so scheint es - in den späten
Dreißigerjahren abgerundet und vollendet. Da es ihn an seinem Lebensende
wieder in seine Heimat Tirol gedrängt hat, spricht für die Mentalität
eines Tirolers, der er aber in keiner Phase seiner künstlerischen Arbeit
war.
Literatur:
Katalog "Christian Hess", Palermo 1974.
K. Hauser, Ein Tiroler Maler wieder entdeckt: Christian Hess.
Tiroler Tageszeitung 1974, 31. Dezember, S. 11 |
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KATALOG |
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1 Baronesse mit Schleier, 1922
Öil auf Leinwand, 71 x 56 cm |
21 Frau mit Kind, 1930
Kohle, 48 x 33 cm
bez. re. u.: L. C. Heß |
41 Segelschiff in der Bucht, 1933
Öl auf Leinwand, 60 x 95 cm |
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2
Ruhende Frau, 1925
Öil auf Leinwand, 60 x 45 cm |
22 Frau mit schwarzem Hut, 1930
Öil auf Leinwand, 83 x 55 cm |
42 DIe Fischer von Taormlna, 1933
Öl auf Leinwand, 100 x 120 cm |
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3 Esel unter Kakteen, 1925
Öil auf Leinwand, 80 x 100 cm |
23 Reisende in Italien, 1930
Tusche und Kohle, 50 x 65 cm
bez. re. u.: L. C. Heß |
43 Natura morta,1933
Öl auf Leinwand, 61 x 93 cm |
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4 Haus in Ölhain, 1927
Öil auf Leinwand, 57 x 76 cm
bez. li. u.: C. Heß |
24 Fuß- und Handstudien, 1930
Bleistift, 50 x 70 cm
bez. re. u.: L. C. Heß |
44 Garten mit Zaun, 1933
Aquarell, 40 x 60 cm
bez. re. u.: L. C. Heß |
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5 Widder unter Kakteen, 1927
Öil auf Leinwand, 100 x 80 cm |
25 Modell, 1931
Öil auf Leinwand, 54 x 20cm |
45 Frauen von Messina, 1933
Aquarell, 45 x 65 cm
bez. re. u.: C. Heß 33 |
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6 Sizilianische Frauen, 1927
Hinterglasmalerei, 21 x 15 cm |
26 Schachspieler, 1931
Öil auf Leinwand, 94 x 74 cm |
46 Wahrsager, 1933
Öl auf Leinwand, 120 x 100 cm |
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7 Neptun, 1927
Öil auf Leinwand, 96 x 79 cm |
27 Bildnis der Freundin, 1931
Öil auf Leinwand, 90 x 58 cm |
47 Selbstbildnis am Schiff, 1933
Öl auf Leinwand. 100 x 68 cm |
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8 Liegender Torso, 1928
Öil auf Leinwand, 68 x 95 cm |
28 Bei der Modistin, 1932
Öil auf Leinwand, 70 x 93 cm
bez. re. li. u.: C. Heß 1932 |
48 Natura morta, 193.3
Öl auf Leinwand, 112 x 52 cm |
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9 Balkon in Sizilien, 1928
Öil auf Leinwand, 58 x 76 cm |
29 Drei Modelle, 1932,
Öil auf Leinwand, 59 x 93 cm |
49 Brücke in Lucerna, 1934
Öl auf Leinwand, 80 x 97 cm |
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10 Bracciano, 1928
Öil auf Leinwand, 60 x 69 cm |
30 Frau vor dem Spiegel, 1932
Öl auf Leinwand, 63 x 51 cm |
50 Cecilia Faesy, 1934
Radierung, 36 x 27 cm
handbez. re. u.: C. Heß 1935
Probedruck unverstählt N 1
Platte vernichtet |
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11 Schlatendes Mädchen auf
gelbem Kissen,1928
Öil auf Leinwand, 84 x 101 cm |
31 ZweI Modelle, 1932
Öl auf Leinwand, 62 x 48 cm |
51 Akt, 1934
Öl auf Leinwand, 55 x 82 cm |
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12 Frau MN. mit ihren Söhnen,
1928
Öil auf Leinwand,
80 x 100 cm |
32 Modell im Atelier, 1932
Öl auf Leinwand 44 x 70 cm
bez. re. u.: C. Heß |
52 Dieb und Carablnlere, 1934
Öl auf Leinwand, 62 x 76 cm |
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13 Konzertprobe II, 1928
Öil auf Leinwand, 84 x 59 cm |
33 Stilleben, 1932
Öl auf Leinwand, 100 x 120cm |
53 Antonia und Segelschiffe, 1934
Öl auf Leinwand, 66 x 56 cm |
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14 Rotschwarze Häuser, 1928
Öil auf LeInwand, 58 x 68.cm |
34 Mädchen beim Kämmen, 1932
Öl auf Leinwand1 150 x 62 cm |
54 Heuschober in Tirol, 1934
Aquarell 35 x 54 cm
bez. re. u.: C. Heß |
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15 Frau mit gelbem Hut, 1928
Aquarell, 44 x 35 cm |
35 Kopf und Hand, 1932
Öl auf Leinwand, 60 x 70 cm |
55 Sturm, 1934
Aquarell, 48 x 66 cm |
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16 Park mit rotem Stuhl, 1929
Öil auf Leinwand, 80 x 99 cm
bez. re. u.: C. Heß 29 |
36 Kind im Mohnfeld, 1932
Aquarell, 66 x 49cm
bez. re. u.: L. C. Heß |
56 Stilleben mit Flasche
und Birnen, 1935
Öl auf Holz, 50 x 39 cm |
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17 Die ruhenden Maurer, 1929
Öil auf Leinwand, 100 x 118cm |
37 Pisa, 1932
Aquarell, 44 x 66 cm
bez. Ii. u.: C. Heß 1932 |
57 Stilleben mit Spielkarten
und Blummen, 1935
Öl auf Holz, 50 x 39 cm |
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18 Mutter und Kind, 1929
Öil auf Leinwand, 53 x 58 cm |
38 Fische in Scha'e, 1933
Öl auf Leinwand, 49 x 62 cm |
58 Junge vom Leuchtturm, 1936
Aquarell, 45 x 58 cm |
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19 Piazza Navona, 1930
Öil auf Leinwand, 80 x 99cm
bez. re. u.: C. Heß 30 |
39 Stilleben mit "La Gazzetta",
1933 - Öl auf Leinwand
58 x 77 cm |
59 Verstümmelte Gestalt, 1938
Tusche, 61 x 48 cm |
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20 Paar im Badekostüm, 1930
Öil auf LeInwand, 100 x 80 cm |
40 Tauben auf der Terrasse, 1933
Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm |
60 Der Kuß, 1938
Tusche, 59 x 60 cm |
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Text und Abbildungen wurden dem gleichzeitig erscheinenden
Katalog zur Dritten
lnnsbrucker Antiquittenmesse 1976 entnommen.
Herausgeber und Verleger: Tiroler Landesmuseum;
für den Verleger verantwortlich: Hofrat Dr. Erich Egg;
für den Inhalt verantwortlich: Dr Gert Ammann,
alle Innsbruck. Museumstraße 15
Fotos: G. Ammann
Druck: Druckereibetrieb Hans Egger, lmst |
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