Christian Hess  

 

Gert Ammann
 

 






Katalog

CHRISTIAN HESS (1895 – 1944)
Ausstellung im Tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum - Innsbruck
in Zusammenarbeit mit dem
Italienischen Kulturinstitut in Innsbruck
15. September bis 31. Oktober 1976

 

 

   

Die Künstler der Zwischenkriegszeit finden im Kunsthandel, in der Kunstgeschichtsforschung und schreibung zunehmend mehr Beachtung; in ihren Werken wird eine Situation wach, welche durch die gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Ereignisse, dem Kampf um die Lebensexistenz verbunden, interessante Motive und vielschichtige Aspekte liefert. In der Rückschau wird jenes, in allen extremen Bereichen intensive Lebensgefühl in positiver und negativer Sicht augenscheinlich. Die Krisensituation brachte dem Künstler - abgesehen von der materiellen Not - stets ein gesteigertes Bedürfnis der unmittelbaren, ungehinderten Selbstäußerung. Dieses Bedürfnis zu illustrieren, zu kritisieren, in gesellschaftspolitischer Weise anzuklagen war vor allem den deutschen Expressionisten eigen, wenn man diesen in Wirklichkeit doch differenzierteren Komplex so verallgemeinernd ansprechen möchte. Jene künstlerischen Kräfte in Deutschland waren die entscheidenden Faktoren für eine Lebenssicht, welche sich unbarmherzig in Aggressionen niederschlug, in einem Auflehnen gegen die tristen dekadenten Verhältnisse, in einer Anklage gegen die Ausrottung des Menschlichen. Waren in der ersten Phase des deutschen Expressionismus noch Themen gültig, die sich um rein formale Belange in der Komposition und im Kolorit gruppierten, wird nach dem Ersten Weltkrieg die Szenerie der Bildthematik stark in jenen sozialkritischen Be- reich gedrängt. Nur wenige dieser Aggressoren wie Max Beckmann, George Grosz oder Otto Dix manifestieren jene Situation in offener unbarmherziger Art. Ihnen allen ging es um die menschliche Existenz, um das Verhältnis des Einzelnen zur Gruppe, zur sozial gleichen oder davon differenzierten Schicht. Mit diesem Künstlerkreis ist der geistige und stilistische Rahmen für einen Maler gesetzt, von dessen Existenz man hierzulande erst vor etwa zwei Jahren erfuhr: Christian Hess.

Jetzt wird das Werk von Christian Hess in einer Wanderausstellung des Goethe-Institutes Palermo in Zusammenarbeit des Tiroler Landesmuseums und des Italienischen Kulturinstitutes Innsbruck vom 15. September bis 31. Oktober 1976 im Ferdinandeum mit 60 Arbeiten der Malerei und Grafik präsentiert. Die Schau war seit 1974 in Palermo, Rom, Padua. Genua, Triest, Bozen, Mailand, Florenz und Turin zu sehen und wird im Anschluß an Innsbruck in München, Zürich und Wien gezeigt. Die Unterlagen zum Leben und Werk Christian Hess' sind rar. Im Verzeichnis "Tiroler Künstler" von 1927 (im Tiroler Landesmuseum) scheint Hess nicht auf. Domenico M. Ardizzone hat im Katalog von Palermo (1974) die biografische Dokumentation erstellt, worauf hier stets Bezug genommen wird und werden muß. Beiträge von Marcello Venturoli, Hans Eckstein und Nuccio Cinquegrani erläutern die Entwicklung der künstlerischen Aussage des Malers und Grafikers Hess. Erstmals wird hier nun der Versuch unternommen, seine künstlerische Position im Rahmen des Expressionismus zu analysieren und die entscheidenden Bezugspunkte anzusprechen.

Als Tiroler in Bozen 1895 geboren und in Schwaz, nach einem Bombenangriff in lnnsbruck, 1944 gestorben, hat Hess nur wenig mit Tirol gemeinsam. Allein seine Aufenthalte in der Heimat, die zu den Stationen in seinem unsteten Wanderleben zählen, machen ihn hier heimisch. Künstlerisch gesehen pendelt er zwischen Beckmann und Hofer, zwischen Cezanne, Dufy und Marquet, nimmt aber auch durch seine langjährigen Auf- enthalte in Italien, vornehmlich in Sizilien, wo sich heute sein Nachlaß befindet, jene dort allgemein gültigen Formulierungen dieser südlichen Landschaft auf. Durch seine Studien in München war er frühzeitig mit den deutschen Expressionisten konfrontiert, bis er endgültig 1928 in deren Einflußbereich durch die Bekanntschaft und Freundschaft mit Max Beckmann und Carl Hofer gelangte.

Christian Hess' Gemälde und Grafiken sind In Ihrer depressiven Stimmung von einem gewissen damals wohl allgemeingültigen Lebenspessimismus getragen, der die lsolierung des Einzelmenschen in seiner Umgebung charakterisiert. Seine Stilleben, seine Architekturbilder, auch seine Menschengruppen werden zu einer natura morta. Im Kolorit wächst Hess von nuancierten impressionistischen Akzenten hinüber zu den gerade durch Beckmann geprägten Linienstrukturen mit breiter Malweise und klaren Farben, oft dunkel oder schwarz in der Kontur. Formal tendiert die frühe, um 1922 sich manifestierende lyrische, aber doch in der Direktheit des Motivs an Beckmann anlehnende Gestaltungsart zu einem Stil des harten Plastisch-Voluminösen. Sein Werk gewinnt um 1924/25 expressive Malschraffuren etwa im Sinne Kokoschkas, zeichnet die Objekte um 1927/29 immer global-plastischer und nähert sich jener so überragenden Figuralmalerei Max Beckmanns, in der das Eingespanntsein des Menschen in den Umraum, des Objektes in die Dreidimensionalität stets präsent ist. Ansätze zur "Deformation" (Doppelsicht) des Antlitzes im Sinne Picassos werden über Vermittlung von Carl Hofer aktuell, helle, koloristische Details erinnern an Dufy, kubistische Collageelemente eines Braque oder Gris werden in den Stilleben um 1935/38 angesprochen, die klaren Farbwerte in den Aquarellen scheinen von Dufy und Marquet übernommen zu sein, sein Zeichenduktus erinnert in der knappen, auf die Linie konzentrierten Schreibweise an Matisse. Seine Triptychen sind in der formalen Konzeption von jenen Beckmanns oder Dix' angeregt, lassen die Möglichkeit einer breiten sich ergänzenden Schilderung zu. Seine figuralen Gruppenbildwerke erinnern an Léger, seine in schlichter klassischer Ruhe geprägten Porträts an die neoklassizistische Phase bei Picasso. Immer aber bleibt der Drang zum Expressiven vorrangig, und in diesen weitgespannten und differenzierten Komplex des Expressionismus muß Christian Hess stilistisch eingereiht werden.

Eine detaillierte Analyse seines Werkes verdeutlicht charakteristische Elemente all dieser hier angesprochenen Maler; dies mag im ersten Moment von einer relativ starken künstlerischen Unselbständigkeit des Malers Zeugnis geben. Im Gegenteil: Hier wird jenes Phänomen evident, dem sich damals keiner der künstlerischen Gestalter entziehen konnte. Die intensiven Informationsmöglichkeiten, die gegenseitigen kulturellen Wechselbeziehungen über die politischen und geographischen Grenzen hinweg gaben für jeden sich in den Zwanzigerjahren schulenden und bildenden Künstler Ansatzpunkte und Gemeinsamkeiten, welche dann jene Zelt - von der heutigen Perspektive betrachtet - als so geschlossen und für die weitere Entwicklung so fundamental geprägt erscheinen läßt. Die Fixierung dieser Ansatzpunkte waren für Christian Hess maßgebend. In München hatte er sich 1929 der Bewegung der Juryfreien angeschlossen, in deren Galerie in der Prinzregentenstraße auch Maler wie Picasso, Arp, Max Ernst oder Kurt Schwitters präsentiert wurden. Seit 1928 sah er sich zweifellos am deutlichsten mit den Deutschen Beckmann und Hofer verbunden, brachte aber doch nicht jene von Beckmann so extrem aggressiven Motive hervor, sondern formulierte, durch seinen sensiblen, selbstkritischen Geist bedingt, seine eigene zurückhaltende Sprache. Seine Kunst ging thematisch-inhaltlich mehr in die stille Schilderung, es gibt bei ihm keine Überraschun- gen, keine lauten Effekte, keine vital aufbrechenden Anklagen. Seine beklemmendstechenden, oft auch teilnahmslosen Gesichter sind introvertiert sprachlos.

Für Beckmann ist das Dasein ein Mysterium; In diesem Existenzbewußtsein liegt seine Passion: "Das Unsichtbare sichtbar zu machen durch die Wirklichkeit." In seiner Gründlichkeit geht Beckmann bis zur tiefsten Form der Realität. Nichts ist sentimental, nichts geht von der räumlichen Plastizität der Objekte, der Tiefe des Bildes verloren. Die von Hess 1928 gemalten Bilder, wie das schwer konstruktiv gestaltete "Bracciano", die "Liegenden", oder die "Frau M. N. mit ihren beiden Kindern", letztere in München entstanden, oder das Bildnis "Konzertprobe II", das in seiner Reduktion auf klare Umrißlinien und in der aufgeklappten Hintergrundgestaltung den markantesten Bezug zu Max Beckmann aufweist, stehen trotz der modulierten Malweise innerhalb der festen, plastisch-voluminös gestalteten Körper- oder Objekt flächen, von Strenger konstruktiver Kontur In Schwarz oder Braun umrissen, in der Folge jener Begegnung mit Max Beckmann. Wie weich und - man möchte fast sagen - lyrisch ist hingegen der "Balkon in Sicilien“ (1928), dessen Motiv merklich eine gegenüber München veränderte Gesinnung und Lebenseinstellung deutlich macht. Demgegenüber erweist sich die Eigenständigkeit von Christian Hess In seinen vielschichtigen Farbmodulationen, die in den Gemälden aus dem Jahre 1932 "Vor dem Spiegel", "Zwei Modelle" oder dem farblich großartig abgestimmten Motive der "Drei Modelle" Anschluß an Carl Hofer finden. Hier spiegelt sich eine reiche Melodie von Farbtonwerken, deren Lichtinhalte von ungeheurer effektvoller Wirkung bestimmt sind. In der Phase "Beckmann" sah er sich vielleicht auch an seine Lehre der Tiroler Glasmalereianstalt in Innsbruck und in der Keramikwerkstätte Kuntner in Bruneck 1912 erinnert, wo die grafische Struktur in der Umriß- und Binnenzeichnung die bildtragenden Kompositionselemente waren; dieses grafische Moment spielte auch seit seinen künstlerischen Anfängen in der Staatsgewerbeschule in Innsbruck (1908), wo er Holzschnitte, Linolschnitte und Radierungen für Exlibris anfertigte, eine den Aufbau des Motivs bestimmende Rolle. Bilder dieser Techniken waren in seiner ersten Ausstellung 1915 in der Galerie im Taxishof in Innsbruck gezeigt.

Bereits während des Ersten Weltkrieges, den er zum Großteil an der Front in Flandern verbrachte, sah er sich in den dortigen Museen mit den Strömungen der zeitgenössischen Malerei aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden konfrontiert. Der Auseinandersetzung mit den neuen aktuellen Tendenzen stand er auch während seiner Münchner Akademiezeit (bei Prof. C. Becker-Gundhal) von 1919 - 1924 offen gegenüber. Noch waren in München die Nachwirkungen der zu Beginn des Ersten Weltkrieges sich auflösenden Gruppe "Der Blaue Reiter" spürbar; München war eine zentrale Informationsquelle, auch über die Brücke-Maler und die französischen Fauves. Hier fand Hess genügend Ansatzpunkte, fand so auch in den 1920 entstandenen Reliefs, die 1926 in der Ausstellung "Junge Münchner" erstmals zu sehen waren, Anklänge an die Formensprache Maillols. Dufy, Marquet oder Friesz scheinen bevorzugt in seiner Landschaftssicht in der intensiv koloristischen Stimmung gebildet; sein Verhältnis zur Natur war überhaupt, auch in den späteren Motiven, stets von einer atmosphärischen Impression bestimmt.

1921 konnte Hess in der Münchner Gemäldegalerie St. Martinus am Odeonsplatz in der Kollektivausstellung "Junge Münchner" zusammen mit Bosch, Hartmann, Kühnel, Liebhardt, Nickl, Siegler, Therhorst und den Plastikern Dietz und Miller seine Werke präsentieren. Im gleichen Jahr reiste er auf Grund eines Stipendiums nach Göteborg, Malmö und Stockholm, 1922 entstand dort das Porträt der "Baronesse mit Schleier", welches bereits die knappe Darstellung des Objektes in einem nur angedeuteten Raum widerspiegelt, dessen raffiniert und brillant gemalte Farbkomposition von vornehm-blassem inkarnat, schwarz-grauem Kleid und rötlichem Haar sein koloristisches Gefühl demonstriert, aber auch in der Modellierung des Körpers Beckmannsche räumliche Plastizität vermittelt. Über Innsbruck, Bozen, Bruneck und Salzburg geht Christian Hess 1922 nach Wien. Dort wurde seine malerische Technik des Farbauftrages durch Studium und Kopieren nach Tizian, Velasquez und vor allem Veronese verfeinert (1923). Nach dem Abschluß der Akademie in München kehrte er 1924 wiederum nach Wien zurück und widmete sich vor allem der Porträtmalerei. 1925 reiste er erstmals über Florenz nach Sizilien, nach Messina, dem Wohnort seiner Schwester, das ihm zu einer neuen Heimat (neben München und der Schweiz) werden sollte. In den Landschaftsbildern etwa dem "Esel unter Kakteen", 1925 in Messina gemalt, oder dem "Widder unter Kakteen". 1927 in Messina gearbeitet, wird das tiefe Erlebnis einer neuen Farbigkeit spürbar, einer Farbgebung, die sich zuerst in tiefen, schweren und satt-leuchtenden, spontan und vehement (wie bei Kokoschka) gesetzten Pinselstrichen niederschlug. Der "Neptun von Messina" (1927) erinnert merklich an die Farbwirkung de Chiricos. In den Aquarellen, etwa den "Frauen in Sizilien" (1927) steigerte sich Hess zu den lichten, sonnendurchfluteten Farbwerten, konzentrierte sich zusehends auf reine, ungebrochene, nicht nuancierte Töne, ließ Blau, Gelb, Grün und Rot pastellartig vorherrschen - den Papierton als mitbestimmendes Stimmungselement miteingebunden (Cézanne).

       

Baronesse mit Schleier 1922 (Göteborg) 

Esel unter Kakteen
1925 (Messina)

Koncertprobe II
1928 (München)

Park mit rotem Stuhl
1929 (München)

       

Der Schahspieler, 1931

Wahrsager, 1933 (Messina)

Drei Modelle, 1932

Die Modistin, 1932

       

Hier in Messina, hier in Sizilien, hatte nun Christian Hess jene fast lebensbejahende offene Welt gefunden, die er ob seiner sensiblen und schwermütigen Mentalität als Ausgleich empfand. Seine Beziehungen zu seiner Heimat Tirol und seiner Wirkungsstätte München verlor er aber in den folgenden Jahren nie. Aufenthalte folgten in Bozen, Innsbruck und München, dann in der Schweiz, bevor er wiederum nach Sizilien fuhr. An der Wanderausstellung "Tiroler Künstler" (1925/26) nahm er entgegen der Notiz von Ardizzone nicht teil. 1928 folgten Ausstellungen in Berlin, Braunschweig und im Münchner Glaspalast; für den Industriellen Mayer in Wismar schuf er große Wandbilder, später lieferte er Entwürfe für Gobelins. 1928 fand in Frankfurt die für ihn so entscheidende Begegnung mit Max Beckmann statt, wo dieser an der dortigen Städel-Schule bis 1933 als Lehrer wirkte. In den Jahren 1929 bis 1933 schuf Christian Hess seine bedeutendsten Werke: das Figurale dominiert, Szenen aus dem italienischen Leben der Fischer, Matrosen und Diebe, Milieuschilderungen aus der Welt der Wahrsager, der Badenden am Strand, Porträts und Landschaften sowie Stilleben bestimmen seine Themen. Hier spielte er nun seine ganze Farbenpalette aus, anfänglich noch die konturbetonte Struktur mit hellen Binnenfarben, dann immer mehr durch den französischen Einfluß von Dufy und Friesz die lautstarken reinen Tonwerte. Es sind zum Großteil keine sprechenden, erzählenden Bilder, allein die "Frauen von Messina", ein Aquarell von 1931, oder der "Wahrsager" (1933) könnten als Genrebilder im weitestgefaßten Begriff so gewertet werden. Gerade der "Wahrsager" wirkt vielleicht unter den figuralen Gemälden und Triptychen aus den Jahren um 1933 als wesentlichstes und zentralstes Werk: hier mischen sich in der plastischen Zeichnung der Gesichter Beckmannsche Elemente, aber auch starke Anlehnungen in der Farbgebung, In der fast betonten Negierung des Raumes (was bei Beckmann unvorstellbar wäre), in der flächenbetonten Dekorativität der vorderen Brüstung und der ornamentalen Skizzierung der Fahnen zu Werken von Dufy. Analog zu den Triptychen Beckmanns gestaltete er vorwiegend derartige Simultanbilder, die zum Teil als Titelmotive für den Leipziger "Cicerone" und die Münchner "Jugend" herangezogen wurden. Parallel dazu suchte Hess in der malerischen Aussage auch Kontakt zu Carl Hofer.

Sein "Schachspieler" (1931) oder die vielen Bilder mit Modellen oder Akten streben in der Farbigkeit und in der depressiven Motivation jenen tragischen, einsamen Bildwerken Hofers nach. Auch das Kolorit der etwas fahlen, von viel schwarz geprägten Palette wirkte sich auf Hess aus. Freilich kamen diese Motive seinem Charakter entgegen, auch er suchte den Bezugspunkt Mensch in seiner oft prekären Isolation, auch er bestimmte das empfindsame Bewußtsein um diese menschliche Existenz. Carl Hofer, den er 1931 in Rom In der Villa Massimo traf, wurde zu einem engen Freund. 1930 schuf Hess Wandbilder in Oeynhausen (Westfalen), 1931 Entwürfe für das Lichtspieltheater Breslau (erst später ausgeführt).

Nachdem die Vereinigung der Juryfreien 1933 durch das neue Regime des Dritten Reiches aufgelöst war, suchte Hess einen Ausweg aus diesem geistigen Notstand nach einer noch freien Welt, zog sich nach Messina zurück, heiratete 1934 Cecilia Faesy, kehrte mit ihr in die Schweiz zurück, konnte aber dort nur bedingt seiner Tätigkeit als freier Maler nachgehen und mußte sich der Theaterregie und dem Bühnenbild widmen. Das Titelblatt der Zeitschrift "Jugend" brachte 1931 das Gemälde "Am Wasser", das als Fortsetzung seiner Bilder "Fischer mit roter Weste" (München 1929/30), "Matrosen" und "Am Strand" zu verstehen ist, in dem die lichte Malweise, gestützt von grafischen Strukturen zu den später in Messina gemalten Bildtafeln führt. Seine Aufenthalte wechseln nun ständig, 1936/37 in Sizilien, 1938 in der Schweiz in Liestal, wo ihm der Aufenthalt später von den Schweizer Behörden verweigert wurde, 1939 am Chiemsee bei seinem Malerfreund Franz Gebhardt, 1940 in München, 1941 in Axams, Zirl und Innsbruck. Trotz der erschwerten Arbeitsbedingungen konnte er in diesen Jahren auf Grund von privaten Aufträgen größere Wandbilder (etwa in Oberwössen in Bayern) gestalten. 1940 wurde Hess zum Zivildienst, dann zur Post eingezogen, nach schwerer Krankheit im Schwabinger Krankenhaus wurde er in die Heilanstalt Planegg überstellt und später entlassen, worauf er nach Tirol zog. Die Produktion der Seidenfabrik in Krefeld, für die er Stoffmuster (gleich wie Dufy für französische Manufakturen) entwarf, wurde eingestellt. Damit war die Basis für eine mehr oder weniger geordnete Existenz verloren.

In den späten Dreißigerjahren entstanden vermehrt Stilleben, welche nach kubistischer Konzeption collageartig in der Art von Braque und Gris gestaltet waren, eine Vereinfachung im Motiv, im Braun und Grün fanden. In der Reduktion auf kompakten Aufbau gelangte er auch in der Plastik zu gleichen Ergebnissen. Noch 1939 hatte sich Hess intensiv mit der Skulptur beschäftigt. Bis in diese späte Entwicklungsphase der Bildmodellierung blieb er dem in der Körperbewegung sparsamen Formenkanon Maillols treu.

Aus den letzten Lebensjahren sind keine Gemälde und Grafiken bekannt. Sein Lebenswerk hatte er bereits - so scheint es - in den späten Dreißigerjahren abgerundet und vollendet. Da es ihn an seinem Lebensende wieder in seine Heimat Tirol gedrängt hat, spricht für die Mentalität eines Tirolers, der er aber in keiner Phase seiner künstlerischen Arbeit war.

Literatur:
Katalog "Christian Hess", Palermo 1974.
K. Hauser, Ein Tiroler Maler wieder entdeckt: Christian Hess.
Tiroler Tageszeitung 1974, 31. Dezember, S. 11

 
     

KATALOG

   

 

   

1 Baronesse mit Schleier, 1922
Öil auf Leinwand, 71 x 56 cm

21 Frau mit Kind, 1930
Kohle, 48 x 33 cm
bez. re. u.: L. C. Heß
41 Segelschiff in der Bucht, 1933
Öl auf Leinwand, 60 x 95 cm

 

   

2 Ruhende Frau, 1925
Öil auf Leinwand, 60 x 45 cm

22 Frau mit schwarzem Hut, 1930
Öil auf Leinwand, 83 x 55 cm
42 DIe Fischer von Taormlna, 1933
Öl auf Leinwand, 100 x 120 cm

 

   

3 Esel unter Kakteen, 1925
Öil auf Leinwand, 80 x 100 cm

23 Reisende in Italien, 1930
Tusche und Kohle, 50 x 65 cm
bez. re. u.: L. C. Heß
43 Natura morta,1933
Öl auf Leinwand, 61 x 93 cm

 

   

4 Haus in Ölhain, 1927
Öil auf Leinwand, 57 x 76 cm
bez. li. u.: C. Heß

24 Fuß- und Handstudien, 1930
Bleistift, 50 x 70 cm
bez. re. u.: L. C. Heß
44 Garten mit Zaun, 1933
Aquarell, 40 x 60 cm
bez. re. u.: L. C. Heß

 

   

5 Widder unter Kakteen, 1927
Öil auf Leinwand, 100 x 80 cm

25 Modell, 1931
Öil auf Leinwand, 54 x 20cm
45 Frauen von Messina, 1933
Aquarell, 45 x 65 cm
bez. re. u.: C. Heß 33

 

   

6 Sizilianische Frauen, 1927
Hinterglasmalerei, 21 x 15 cm

26 Schachspieler, 1931
Öil auf Leinwand, 94 x 74 cm
46 Wahrsager, 1933
Öl auf Leinwand, 120 x 100 cm

 

   

7 Neptun, 1927
Öil auf Leinwand, 96 x 79 cm

27 Bildnis der Freundin, 1931
Öil auf Leinwand, 90 x 58 cm
47 Selbstbildnis am Schiff, 1933
Öl auf Leinwand. 100 x 68 cm

 

   

8 Liegender Torso, 1928
Öil auf Leinwand, 68 x 95 cm

28 Bei der Modistin, 1932
Öil auf Leinwand, 70 x 93 cm
bez. re. li. u.: C. Heß 1932
48 Natura morta, 193.3
Öl auf Leinwand, 112 x 52 cm

 

   

9 Balkon in Sizilien, 1928
Öil auf Leinwand, 58 x 76 cm

29 Drei Modelle, 1932,
Öil auf Leinwand, 59 x 93 cm
49 Brücke in Lucerna, 1934
Öl auf Leinwand, 80 x 97 cm

 

   

10 Bracciano, 1928
Öil auf Leinwand, 60 x 69 cm

30 Frau vor dem Spiegel, 1932
Öl auf Leinwand, 63 x 51 cm
50 Cecilia Faesy, 1934
Radierung, 36 x 27 cm
handbez. re. u.: C. Heß 1935
Probedruck unverstählt N 1
Platte vernichtet

 

   

11 Schlatendes Mädchen auf
gelbem Kissen,1928
Öil auf Leinwand, 84 x 101 cm

31 ZweI Modelle, 1932
Öl auf Leinwand, 62 x 48 cm
51 Akt, 1934
Öl auf Leinwand, 55 x 82 cm

 

   

12 Frau MN. mit ihren Söhnen,
1928 Öil auf Leinwand,
80 x 100 cm

32 Modell im Atelier, 1932
Öl auf Leinwand 44 x 70 cm
bez. re. u.: C. Heß
52 Dieb und Carablnlere, 1934
Öl auf Leinwand, 62 x 76 cm

 

   

13 Konzertprobe II, 1928
Öil auf Leinwand, 84 x 59 cm

33 Stilleben, 1932
Öl auf Leinwand, 100 x 120cm
53 Antonia und Segelschiffe, 1934
Öl auf Leinwand, 66 x 56 cm

 

   

14 Rotschwarze Häuser, 1928
Öil auf LeInwand, 58 x 68.cm

34 Mädchen beim Kämmen, 1932
Öl auf Leinwand1 150 x 62 cm
54 Heuschober in Tirol, 1934
Aquarell 35 x 54 cm
bez. re. u.: C. Heß

 

   

15 Frau mit gelbem Hut, 1928
Aquarell, 44 x 35 cm

35 Kopf und Hand, 1932
Öl auf Leinwand, 60 x 70 cm
55 Sturm, 1934
Aquarell, 48 x 66 cm

 

   

16 Park mit rotem Stuhl, 1929
Öil auf Leinwand, 80 x 99 cm
bez. re. u.: C. Heß 29

36 Kind im Mohnfeld, 1932
Aquarell, 66 x 49cm
bez. re. u.: L. C. Heß
56 Stilleben mit Flasche
und Birnen, 1935
Öl auf Holz, 50 x 39 cm

 

   

17 Die ruhenden Maurer, 1929
Öil auf Leinwand, 100 x 118cm

37 Pisa, 1932
Aquarell, 44 x 66 cm
bez. Ii. u.: C. Heß 1932
57 Stilleben mit Spielkarten
und Blummen, 1935
Öl auf Holz, 50 x 39 cm

 

   

18 Mutter und Kind, 1929
Öil auf Leinwand, 53 x 58 cm

38 Fische in Scha'e, 1933
Öl auf Leinwand, 49 x 62 cm
58 Junge vom Leuchtturm, 1936
Aquarell, 45 x 58 cm

 

   

19 Piazza Navona, 1930
Öil auf Leinwand, 80 x 99cm
bez. re. u.: C. Heß 30

39 Stilleben mit "La Gazzetta",
1933 - Öl auf Leinwand
58 x 77 cm
59 Verstümmelte Gestalt, 1938
Tusche, 61 x 48 cm

 

   

20 Paar im Badekostüm, 1930
Öil auf LeInwand, 100 x 80 cm

40 Tauben auf der Terrasse, 1933
Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm
60 Der Kuß, 1938
Tusche, 59 x 60 cm
     
   

Text und Abbildungen wurden dem gleichzeitig erscheinenden Katalog zur Dritten
lnnsbrucker Antiquittenmesse 1976 entnommen.
Herausgeber und Verleger: Tiroler Landesmuseum;
für den Verleger verantwortlich: Hofrat Dr. Erich Egg;
für den Inhalt verantwortlich: Dr Gert Ammann,
alle Innsbruck. Museumstraße 15
Fotos: G. Ammann
Druck: Druckereibetrieb Hans Egger, lmst