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Die Wundmale |
Die Gemälde mit den Wundmalen des Leidens |
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von Domenico Maria Ardizzone Rom, 31 März 2004- Ich schreibe diese Zeilen zwei Monate vor meinem 78 Geburtstag. Messina ist meine Geburtstadt, ich wohne jedoch in Rom seit dem 14 März 1976. Ich verließ Sizilien, weil mich ein aufregendes, berufliches Abenteuer erwartete. Es ging um die Geburtsstunde des 3. Kanals des staatlichen Rundfunk- und Fernsehsenders RAI 3, ein unwiederholbares Abenteuer, dass ein extra Kapitel verdient hätte. Hier an dieser Stelle ist es jedoch mein Bedürfnis zu erklären, wie ich von der menschlichen und künstlerischen Gegebenheit des deutschen Malers und Bildhauers Louis Christian Hess erfahren habe und wie ich mich dafür einsetzen werde, seine Kunst wiederzubeleben, die kurz davor war vergessen zu werden. Mir fällt dazu ein, in was für einen schrecklichen Zustand sich die Werke von Hess, nach den langen Wanderungen, befanden.
Vorab muss gesagt werden, dass nach dem Eintritt Italiens in den Krieg die Leinwände, die meisten davon ohne Rahmen, in Pappe eingerollt waren, um sie bequemer vor den Bombardierungen zu schützen. Als man mir die Gemälde in den Sechziger Jahren zeigte, wiesen sie mehre Falten auf, die durch das Aufrollen entstanden waren , einige Einrisse und Risse, die wie richtige Wundmale aussahen. Eine Art von Geißelung die, die Werke Hess ,auf ihrem langen Weg bis zu ihrer Rettung gehen mussten. Zuerst mussten sie sich vor der Naziverfolgung schützen und dann vor den Bombenangriffen. Die Bilder in diesem bedauernswerten Zustand zu sehen, hätte niemand darauf wetten lassen, sie in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit wieder zu sehen. Sogar die treusten Anhänger von Hess, die mindestens seit zehn Jahren die Verfassung der Schöpfungen kannten und die versucht hatten sie zu restaurieren und die Wiederentdeckung zu fördern, hatten nicht mehr darauf gehofft. Diese Wunden verkörperten jedoch die Leiden die, diese Bilder durchlitten hatten. Sie waren das geschichtliche Brandmal ihrer Auswanderung, der Tyrannei entrissen. Diese Bedeutungen können verschiedenen Werken entnommen werden besonders in dem Ölgemälde "Tauben auf der Terrasse". In einem mittleren Punkt und in der unteren, rechten Ecke des restaurierten Bildes, gibt es einige farblose Stellen die, die rohe Leinwand zeigen so wie sie im Atelier benutzt wird. Trotz der Narben erscheint die Komposition kräftiger als in ihrem ursprünglichen Zustand, grade aufgrund der Begleiterscheinungen, die das Bild durch die geschichtliche Nemesis ertragen musste.
Hinzugefügt werden muss, dass "Tauben auf der Terrasse", doppelt Aussagekräftig erscheint was die Leiden der Kunst von Hess angeht. Geht man von einer Skizze aus, die mit dem Rest der anderen Zeichnungen nichts zu tun hat kommt man nicht umhin, dass der Künstler dem Bild noch eine andere wichtige Bedeutung beimisst. Wenn nicht gerade für ein Aufruhr von Reminiszenz, muss man sich fragen, warum Hess eine Bleistiftskizze seiner Fabel, auf die Rückseite eines Flugzettels mit Hakenkreuzen gezeichnet hat. Man könnte davon ausgehen, dass er die Friedenstauben dem Emblem des Hasses entgegen stellen wollte. Diese Hackenkreuze die in Filigran durchschimmern, können als „politische Wiederbelebung“ gedeutet werden Letztendlich .spiegelt der Leidensweg der Leinenwände die Sublimation einer Kunst wider, die für den Nazismus nicht überleben und die zerstört werden sollte. Die Tatsache an sich, dass der Künstler seine Werke nicht mehr signierte und sein häufiges Flüchten, die die Werke ungewöhnlichen Strapazen und somit Schäden aussetzen, bedeutete unter anderem, auch wenn in einer indirekten Art und Weise, das Erreichen der Nazis ihres teuflischen Ziels. Ein halbes Jahrhundert nach dem Untergang der Nazis scheint dieses Vorhaben leider noch nicht entgültig aufgegeben worden zu sein. Warum ignoriert die deutsche Kultur heute noch die Kunst von Louis Christian Hess, akademischer Maler, deutscher Herkunft, geboren im habsburgischen Bozen. Vielleicht, weil der Künstler Opfer eines Bombenangriffs kurz vor Kriegsende wurde?
Tatsache ist, dass keine Galerie Moderner Kunst in Deutschland ein
Bild von ihm besitzt und auch keine deutsche Kunstenzyklopädie
zitiert seinen Namen. Auch wenn München die künstlerische Schmiede
von Hess war und die Ehre des Finale der Wanderausstellung 1978
hatte. Sogar bei dieser Gelegenheit gab es bis auf unzureichende
Berichte, keine würdige Annerkennung, dieses Künstlers der
dreißiger
Jahre. Heute in einem Europa, stolz und respektvoll gegenüber den
Menschenrechten, sollte Deutschland zumindest seine moralische
Verantwortung übernehmen, diesen Fehler der Vergangenheit zugeben
und die Verdunkelung der
dreißiger
Jahre von den Nazis, gegenüber den
Werken von Christian Hess bei Seite räumen. Es sollte aufgeklärt
werden, dass dessen Kunst nicht als degeneriert angesehen wurde
sonder nur deshalb behindert wurde, weil sie einem freien
antikonformen Gedanken entsprang oder um genauer zu sein, vom
Gründer der Bewegung die sich nicht aus Zufall "Juryfreie", nannte. |