Die Schwester Emma |
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Emma hing sehr an ihrem sieben Jahre älteren Bruder. Beide stammen ursprünglich aus Bozen, sie waren die einzigen Überlebenden einer sechsköpfigen Familie, die in weniger als zehn Jahren, zwischen 1905 und 1917 vier Familienmitglieder verlor. Alle wurden Opfer der Schwindsucht, eine weit verbreitete Krankheit in dieser Epoche. Leider trugen die Gegebenheiten dazu bei, dass sich Bruder und Schwester nicht häufig sahen. Der erste Weltkrieg hatte sie getrennt, er an der französischen Front, sie mit der Tante Anna in Innsbruck, aber ihre starke Beziehung hielt allen ungünstigen Umständen stand.
Mit sechzehn Jahren wusste Emma immer noch nicht, wie sie ihren Bruder nennen sollte, denn von den drei Namen, die ihm seine Eltern gegeben hatten, Alois, Dominikus, Anton, schaffte er es gerade mal den ersten zu akzeptieren aber auch nur etwas verändert, Louis. Die Verlegenheit Emmas wuchs, als ihr Bruder von der Front eine Postkarte schickte, die er mit seinem Künstlernamen Christl unterschrieben hatte. Sie wollte es ihm recht machen und adressierte die Post an den neuen Namen. Kurze Zeit später wurde sein Künstlername: Christian, da entschied Emma ihn familiär Louis zu nennen. Dieser Name wurde in seiner Zeit in Sizilien zu Luigi, ganz italienisch. Emma beendete ihre Ausbildung in der Staatsgewerbeschule von Innsbruck, die gleiche Kunstschule, die der Bruder einige Jahre zuvor besucht hatte. Sie zeichnete sich im Malen und Italienische aus, Fächer die ihr jedoch keine schnelle Arbeitsmöglichkeit boten. Für kurze Zeit fand sie eine Stelle im Militärstützpunkt, in Innsbruck, dann lernte sie Stenografie und erzielte ein Diplom als gelernte Friseuse. Um jedoch Geld zu verdienen, blieb ihr nichts anderes übrig als aus Tirol nach Sizilien zu ziehen um als Kindermädchen zu arbeiten.
Nachdem sie in die Gunst der Familie Zuffo getreten war, die eine Import und Export Firma zwischen Tirol und Sizilien besaß, akzeptierte sie nach Messina zu ziehen. Emma hatte ihren Bruder sehr gern, doch noch größer war ihre Liebe für seine Kunst, die Hoffnung in seiner Nähe zu bleiben, war nur ein bescheidener Wunsch. Wenn schon der Krieg sie getrennt hatte, so waren die Studien von Hess an der Akademie in München ein weiterer Grund und auch die Arbeit von Emma in Sizilien. Paradoxerweise wird die Ächtung der Nazis der Kunst von Hess gegenüber, die beiden Geschwister wieder näher bringen gerade in der Zeit in der, der Maler in den Dreißiger Jahren nach Sizilien ins Exil geht. Doch das Schicksal wird sie dann während des zweiten Weltkrieges für immer trennen. Messina hatte 1923 noch immer offene Wunden vom großen Erdbeben im Jahre 1908. Die Anwesenheit von Emma, muss den aufmerksamen Beobachtungen des jungen Händlers Guglielmo , der die Geschäftsräume des Spediteurs oft besuchte, wie eine Erscheinung vorgekommen sein. Die hartnäckigen Bemühungen um die schöne Tirolerin mit den blauen Augen wurden am Ende mit dem Gang zum Altar belohnt. 1925 zogen Emma und Guglielmo in die Via Palmara, wo der Maler die beiden auf der Insel besuchte , um seine ersten Ferien hier zu verbringen.
Im Dezember des gleichen Jahres, nachdem er in der Bayerische Staatsbibliothek, das Buch von Casimir von Chledowski “Die Menschen der Renaissance”, gesehen hatte , stellt er sein Talent Lieder und Verse in sizilianischem Dialekt zu verstehen, unter Beweis indem er eine Strophe im Dialekt auf Art und Weise des Barcellona Pozzo di Gotto, in der Provinz von Messina ,für seinen Schwager schreibt: A la BarcillunisaCaru cugnatu, la facisti lesta vi la purtastu la suruzza mia vi la purtastu pulita e onesta chi poti stari ‘nta na signoria. ( Lieber Schwager, in Windeseile / habt ihr meine Schwester fortgeführt / fortgeführt ehrlich und fein, meine kleine Schwester / sie passt wohl gut in ein angesehenes Haus ).Luigi hielt viel auf seine Schwester, sie war seine Vertraute, verstand seine Unruhe und wusste ihn, in schweren Momenten zu unterstützen. Besonders während seines sizilianischen Exil und noch mehr nach der seiner enttäuschenden Verzweiflung. Als er plötzlich den Traum einer Zuflucht zu einer Frau, weit weg von politischer Verfolgung ausgeträumt hatte und völlig verzweifelt war. Nur mit der Unterstützung von Emma kam er wieder auf die Beine. Sie gab ihm die Kraft ein neues Exil in der Schweiz zu suchen. In dieser Zeit vertraute der Maler seine Bilder seiner Schwester an, die sie mit peinlicher Sorgfalt unter ihre Obhut nahm. Zu dem Einsatz zum Schutz der Kunstwerksammlung des Bruders wurde schon im Kapitel “Grazie Emma!” gesprochen. Zu zitieren sind auch die zahlreichen Schwierigkeiten, die sich durch die häufigen Umzüge ergaben, einige aufgrund von Kriegsgeschehnisse: der erste Umzug erfolgte 1937 in der selben Tremestieri vom Haus Preggi zum Haus Chemi bis zum Ende des Sommers im Jahr 1940, als Italien in den Krieg trat. Im Herbst 1940 wurden die Bilder nach Messina in die Via Mario Reitano Spadafora gebracht und im Sommer 1942, um sie vor den Luftangriffen zu schützen, wurden sie nach Alì Marina gebracht, wo sie bis zum Abzug der deutschen Truppen und der Ankunft der Britisch-Amerikanischen Truppen, blieben.
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